Niemand will sich wirklich verbessern!
- Warum tun Veränderungen und Verbesserungen manchmal weh?
- Diese Denkfehler verhindern Fortschritt
- So können wir uns selbst überwinden
Musiker, die üben, wollen sich auch verbessern, oder?
Zumindest habe ich das bisher immer geglaubt. Aber gerade habe ich im Buch von Fergus McWilliam ein Kapitel gelesen, das mit „The Threat of Change“ (Die Bedrohung der Veränderung) überschrieben ist.
Darin schreibt der Hornist der Berliner Philharmoniker, dass Fortschritt oftmals schwierig ist, weil wir zwar einerseits ein Verlangen nach Verbesserung haben, uns aber andererseits gegen Veränderung wehren. Dies hängt mit einer gewissen Bequemlichkeit zusammen: Lieber arbeiten wir mit bekannten Problemen als mit unbekannten Lösungen. Mit Gewohnheiten fühlen wir uns wohl: „Das habe ich schon immer so gemacht!“ Was falsch ist, kann sich darum richtig anfühlen. Neue Techniken, die vielleicht besser sind, fühlen sich aber oft falsch an.
Außerdem schreibt McWilliam, dass wir Fortschritten oft nicht über den Weg trauen, wenn er durch kleine Veränderungen entstanden ist. Einem guten Ergebnis muss in unserer Vorstellung harte Arbeit vorausgegangen sein.
Zwei typische Denkfehler bremsen Fortschritt
Beim Lesen des Kapitels ist mir ein anderes Buch eingefallen, in dem typische Denkfehler oder kognitive Verzerrungen aufgelistet sind. In The Art of Thinking Clearly (Die Kunst des klaren Denkens)* beschreibt Rolf Dobelli zwei Denkfehler, die hervorragend auf unser Problem passen:
Versunkene Kosten
Haben wir Energie, Zeit und Geld in bestimmte Dinge investiert, haben wir oft das Gefühl, dass die Energie, die Zeit oder das Geld verloren ist, wenn wir die Dinge nicht mehr nutzen. Wer zum Beispiel ins Kino geht und einen schlechten Film sieht, wird eher sitzen bleiben, wenn er Geld für das Ticket bezahlt hat, als wenn er in einer Gratisvorstellung sitzt.
So ist es auch beim Üben: Wenn wir über Jahre hinweg eine falsche Technik geübt haben, wird es uns schwerfallen, sie einfach aufzugeben und gegen eine neue, bessere Technik einzutauschen. Denn die ganze Mühe für die falsche Technik wäre dann ja umsonst gewesen. Das ist völlig irrational: Wir sollten vielmehr von unserem heutigen Standpunk aus versuchen, die besten Ergebnisse zu erzielen.
Rechtfertigung der Mühe
Ein weiterer Denkfehler, den Dobelli „Effort Justification“ nennt, verstärkt die Tendenz, beim Alten zu bleiben. Wir versuchen die vergangenen Mühen dadurch zu rechtfertigen, dass wir das Ergebnis bewahren. Einen Topf, den du selbst getöpfert hast, wirst du nicht so schnell aussortieren wie einen Topf, den du im Baumarkt gekauft hast, obwohl der Nutzwert der beiden Töpfe derselbe ist.
So beharren wir auf unsinnigen Thesen, Techniken und ungleichmäßigen Triolen und sind nicht bereit, die durch neue Ideen zu ersetzen.
Was uns dabei hilft, uns zu überwinden:
Zwei Dinge können uns dabei helfen, diese Irrationalitäten zu überwinden.
1.) Verspielte Experimentierfreude
Gepaart mit systematischem Vorgehen und der Bereitschaft, Dinge aufzuschreiben oder anders zu dokumentieren, ermöglicht verspielte Experimentierfeude einen unverkrampften Zugang zu neuen Wahrheiten.
2.) Autoritätsheuristik
Der „Authority-Bias“ ist ein weiterer Denkfehler, den wir uns zunutze machen können. Wenn wir einer Autoritätsperson (z.B. eine Lehrerin) folgen, ist es einfacher, ihre Ideen umzusetzen, als selbst neue Techniken auszuprobieren. Die Autorität nimmt uns die Unsicherheit und lässt uns eher an neue Ideen glauben.
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